Wenn Forschung und Entwicklung finanziell unabhängig wird, dann werden auch die Dinge erforscht und Entwickelt, die im Interesse der Menschen sind, die nicht über große finanzielle Mittel verfügen. Dies kann durch die Methode der Selbstfinanzierung erreicht werden.

Die Methode der Selbstfinanzierung beruht auf dem Grundsatz, dass ein neues Produkt bereits während seiner Entwicklungszeit von Anfang an in Form eines funktionierenden Prototypen Erträge erwirtschaftet. Die Vorgehensweise besteht darin, dass das neu entwickelte Produkt möglichst frühzeitig an in Form eines kleinen funktionierenden Prototypen realisiert wird. Ganz wichtig ist hier, dass der Prototyp klein genug ist, damit er nicht finanziell und technologisch außer Kontrolle gerät! Der Prototyp wird an einen Nutzer verkauft, der mit diesem Prototypen Erträge erwirtschaftet. Durch diese Erträge sind die Kosten des Prototypen gedeckt. Aus der Betriebserfahrung mit dem ersten Prototypen und dem intensiven Kundenservice kann ein nächstgrößerer funktionierender Prototyp entwickelt und realisiert werden, der wiederum Erträge liefert.
Auf diese Weise ist es möglich, mit minimalen Investitionen Produktentwicklung zu betreiben.
Das Vorbild der Methode der Selbstfinanzierung ist das Keimen von Saatgut. Ein Samenkorn besitzt in seinem Inneren meist Fett oder Stärke als Energieträger. Das Samenkorn enthält genug Energie, damit es keimen kann. Sobald die entstehende Pflanze die ersten grünen Blätter ins Licht der Sonne streckt, erzeugt sie die Energie, die sie zum Wachsen benötigt selbst.
Die Methode der Selbstfinanzierung wird nur dann möglich, wenn ganz zu Beginn ein Kunde gefunden wird, der einen funktionierenden Prototypen kauft. Ein Kunde wird einen solchen Prototypen nur dann kaufen, wenn er ihn auch gebrauchen kann. Der Kunde kann der Prototypen nur dann gebrauchen, wenn dieser auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Praxisnähe ist hier einer der wichtigsten Grundsätze. Auf diese Weise wird verhindert, dass Produkte entwickelt werden, die in der Praxis nicht gebraucht werden können.

Bei der Konstruktion des Prototypen ist unbedingt darauf zu achten, dass der Prototyp möglichst nicht in Integralbauweise gefertigt wird. Es ist am günstigsten, wenn der Prototyp aus vielen Modulen verschiedener Hersteller zusammengesetzt ist. Das ist enorm wichtig, falls ein Hersteller sich aus der Verantwortung für den Kundenservice verabschiedet. So bleibt immer die Option offen, das fragliche Modul durch ein Modul eines Konkurrenten zu ersetzen, ohne gleich den gesamten Prototypen zu gefährden. So wird das Risiko für den Kunden minimiert und die Verantwortung für den Kundenservice wird auf viele Schultern verteilt.

Optimale Unternehmen

Was ist ein optimales Unternehmen?

Im Normalfall ist es so, dass Unternehmen um so schneller wachsen können, je
größer sie sind. Dadurch sind große Unternehmen in der Lage, ihre Konkurrenz vom Markt zu drängen und die
wirtschaftlich Macht konzentriert sich im Laufe der Zeit bei einigen wenigen
großen Unternehmen. Wie kann man diesem Effekt entgegenwirken?

Um diese Frage zu beantworten soll ein theoretisches Unternehmen
postuliert werden, ohne dabei die Frage konkret zu beantworten:

„Angenommen es gäbe ein Unternehmen, das auf dem Markt um so
durchsetzungsfähiger ist, je kleiner es ist. Dann würde es um so schneller
wachsen, je kleiner es ist und um so langsamer, je größer es wird. So ein
Unternehmen könnte niemals alle Kunden auf dem Markt beliefern und würde
zwangläufig Platz lassen für Konkurrenten. Ein solches Unternehmen würde
irgendwann eine optimale Größe annehmen. Dieses Unternehmen soll Optimales
Unternehmen
genannt werden.“

Optimale Unternehmen wären stabilisierend für die gesamte Wirtschaft und sie würden die Selbstorganisation des Marktes stärken.

Ich habe einige Zeit lang nach einer solchen Unternehmensform gesucht, bis ich erlebt habe, wie eine Hofgemeinschaft eines Biobauernhofes den gemeinsamen Aufbau einer Anlage zur Wärmegewinnung aus Biomasse, dem sogenannten „Biomeiler“ organisiert hat. Der Biomeiler wurde in Form eines „Workshops“ geplant und aufgestellt. Dabei konnte ich selbst erleben, wie private Teilnehmer und Unternehmen zusammen arbeiteten, ohne dass eine feste Hierarchie und Weisungsbefugte Vorgesetzte notwendig waren. Privatpersonen und unabhängige Unternehmen handelten so, als ob sie ein großes Unternehmen wären. Hier war ein projektbezogenes optimales Unternehmen entstanden, dass alle notwendigen Ressourcen zu Verfügung hatte, um den Biomeiler zu bauen. Vom Holzhäcksler, einer Entwicklungsabteilung für die Auslegungsrechnung der Lieferung der Rohrleitungen bis zu den Arbeitskräften zum Aufbau des Biomeilers war alles vorhanden.

Der Workshop als optimales Unternehmen
Wie läuft das Zustandekommen eines Optimalen Unternehmens in der Praxis ab?
In einem ersten Schritt wendet sich der Kunde, der z.B. einen Biomeiler haben möchte, an einen Fachmann, der den Aufbau eines Biomeilers organisierten kann. Dieser Fachmann übernimmt nun die Funktion eines Focalizers. Der Focalizer ist Moderator, Koordinator und Ansprechpartner zugleich. Die Aufgabe des Focalizers ist es, die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Unternehmen und Privatpersonen in seinem Netzwerk zu koordinieren und zu bündeln. Der Focalizer holt nach der Annahme des Kundenauftrages alle Fachleute mit in den Workshop, die nötig sind, um den Biomeiler fachgerecht und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften realisieren zu können. Es kann auch zweckmäßig sein, dass einer der Fachleute, die im Workshop mitwirken, wiederum für einen bestimmten Teilbereich die Aufgabe eines Focalizers übernimmt. Auf diese Weise bildet sich ein Netzwerk aus Vereinbarungen und Zusagen, dass selbstorganisierend den Aufbau des Biomeilers voranbringt.

Dieses Netzwerk des Workshops ist, wenn es klein ist, sehr schnell und effizient und ist wesentlich flexibler, effizienter und durchsetzungsfähiger als ein großes starr organisiertes Unternehmen. Wird das Netzwerk des Workshops allerdings zu groß, bekommt es ein Eigenleben und wird unkoordiniert. Der Workshop erfüllt somit alle Voraussetzungen, die ein optimales Unternehmen benötigt.

Der Workshop als freie Universität
Die Teilnehmer des Workshops, der Focalizer mit eingeschlossen, müssen keine Fachleute für den Aufbau von Biomeilern sein. Es kann im Einzelfall sogar sein, dass alle Teilnehmer des Workhops zusammen anfangs nicht das nötige Wissen zum Aufbau eines Biomeilers haben. Ein Workshop hat aber gleichzeitig den Charakter eines Lehrgangs. Jeder Teilnehmer bringt sein Fachwissen mit und stellt es den anderen Teilnehmern zu Verfügung. Das Wissen, was bei allen Teilnehmern noch nicht vorhanden ist, wird durch Erfahrung, Experimente und durch Recherche erworben und allen Teilnehmern zu Verfügung gestellt. Auf diese Weise erhält jeder Teilnehmer die Möglichkeit, an das gesamte Wissen zum Aufbau eines Biomeilers zu gelangen. Ein Workshop ist also wie eine Vorlesungsreihe auf einer Universität inklusive Praktikum. Das wichtigste ist dabei dass im Workshop einer oder mehrere akribische Teilnehmer oder Teilnehmerinnen die Aufgabe eines Focalizers übernehmen. Diese Focalizer müssen die Teilnehmer zum gründlichen Sammeln von Erkenntnissen motivieren können. Mit der Gründlichkeit der Focalizer steigt und fällt das Niveau des Erkenntnisgewinns.

In unserer heutigen Zeit, wo Bildung und Wissen durch Studiengebühren immer mehr zu einem Luxusgut wird, dass man bezahlen muss, stellen Workshops eine mögliche Alternative zu den Universitäten dar.

Es gibt unterschiedliche Definitionen für Mittlere Technologien. Darum sollen hier mehrere Definitionen vorgestellt werden:

Ernst Friedrich Schumacher
Der Begriff der Mittleren Technologien taucht erstmals bei Ernst Friedrich Schumacher auf. In seinem Buch „Small is beautiful – die Rückkehr zum menschlichen Maß“ definiert er Mittlere Technologien wie folgt: „Letzten Endes ist die mittlere Technologie arbeitsintensiv und für die Verwendung in kleinen Betrieben günstig. … Das bedeutet allgemein gesagt, dass ein Mann/Jahr zur Schaffung eines Arbeitsplatzes erforderlich ist oder dass eine Arbeitskraft zwölf Jahre lang ein Monatsgehalt sparen müsste, um einen Arbeitsplatz besitzen zu können.“

Aldous Huxley
Der Autor Ernst Friedrich Schumacher zitiert in seinem Buch „Small is beautiful“ auch den Schriftsteller Aldous Huxley mit folgenden Worten: „Gesetzen Fall, es würde zum Ziel von Erfindern und Ingenieuren, gewöhnliche Menschen mit Mitteln zu versehen, „ mit denen sie einträgliche und an sich sinnvolle Arbeit leisten könnten und ihnen dazu verhelfen, Unabhängigkeit von Bonzen zu erlangen, so dass sie ihre eigenen Arbeitgeber werden können, die für den eigenen Unterhalt auf einem lokalen Markt arbeiten, … dann würde .. dieser anders orientierte technische Fortschritt … zu einer fortschreitenden Dezentralisierung sowohl der Bevölkerung als auch der Zugänglichkeit an Produktionsmitteln und der politischen und wirtschaftlichen Macht führen.“ Weitere Vorteile wären die „eines menschlich befriedigenderen Lebens für eine größere Zahl von Menschen, eines größeren Maßes an echter selbstverwaltender Demokratie und ein gesegnetes Freisein von der verdummenden oder verderblichen , die von den Massenerzeugern der Verbrauchsgüter auf dem Wege der Reklame angeboten wird.“

Mahatma Gandhi
Gandhi hat die Anwendung von Mittleren Technologien vorgelebt, indem er selbst gewebte Kleidung trug.

Dr. Reinhard Stransfeld
„Mittlere Technologien sind technologische Konzepte die es erlauben, mit kleinen Stückzahlen auch im Rahmen regionaler Wirtschaftskreisläufe ökonomisch sinnvoll zu handeln.“ (Dr. Reinhard Stransfeld)

Mittlere Technologien aus meiner Sicht
Meine Definition der mittleren Technologien ergibt sich aus meiner Erfahrung in der praktischen Anwendung:
Mittlere Technologien sind technologische Konzepte regional bezahlbarer Maschinen, Herstellungsverfahren und Produkte, die es den Menschen ermöglichen, die Ressourcen ihrer Region nachhaltig zu nutzen um wieder in den Besitz eigener Lebensgrundlagen zu gelangen.

Mittlere Technologien sollen so gestaltet sein, dass sie dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Die technische Herausforderung liegt hierbei darin, das technische Know-How, das in der Industriellen Massenproduktion Stand der Technik ist, sinnvoll auf die Herstellung von Produkten in kleiner Stückzahl zu übertragen.

Der Vorteil der mittleren Technologien
Mittlere Technologien geben ihren Anwendern ein Stückchen wirtschaftliche Unabhängigkeit und somit auch ein kleines Stückchen politische Macht zurück. Wer seine Maschinen und die Güter die er braucht inklusive deren Herstellungsverfahren selbst bezahlen kann, der ist nicht abhängig von Geldgebern oder staatlichen Zuschüssen. Wer die nötigen Güter des Lebens selbst bezahlen kann, der kann auch darüber entscheiden, wie diese Güter hergestellt werden und von wem und was mit diesen Gütern gemacht wird. Auf diese Weise fördern mittlere Technologien die Demokratie in einem Land, indem sie wirtschaftliche Macht in viele Hände verteilen. Mittlere Technologien geben den Menschen die Möglichkeit, ihre unmittelbare Umgebung wieder aktiv zu gestalten. Das ist in unserer Zeit wichtiger denn je.

Missverständinisse der Mittlere Technologien
Mittlere Technologien werden häufig missverstanden, was sich aus dem folgenden Artikel schließen lässt. Dabei zeigt der Artikel einige Missverständisse auf, die sowohl unter den Vertretern der konventionellen Technologien wie auch unter den Vertretern der Mittleren Technologien existieren.

Quelle: Detzer, K.A: Unsere Verantworung für eine nachhaltige
Technik-Gestaltung und –Anwendung. Augsburg, 2006. Seite 96

“Das Konzept empfiehlt allgemein die Entwicklung und Verwendung der …. optimal angepassten Technologie; nach Überzeugung der Vertreter dieser Schule ist dies in den wenigsten Fällen die „Großtechnologie“ der „Großunternehmen“ oder das „High Tech“ der führenden Industrienationen. Die Mittlere Technologie sollte gleichzeitig „menschengemäß, umweltschonend und energie- und rohstoffsparend“ sein, eine „dezentralisierte Technik auf Menschenmaß, die zu einem Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umgebung führt …. Dieses Prinzip ist sicher erstrebenswert, soweit es nicht zur Ideologie gerät, z.B. wenn Großtechnologien pauschal ohne vorherige Alternativenbewertung bzw. Güterabwägung abgelehnt werden. Solche Pauschalierungen und Ideologisierungen sind schon deswegen unsinnig, weil Groß- und Kleintechnologien bei den heutigen Systemzusammenhängen auch begrifflich nicht mehr eindeutig getrennt werden können. Welche Technologie ist z.B. „größer“? Der Individualverkehr mit Pkw’s auf der Straße oder der Schienenverkehr mit IC’s und ICE’s der Deutschen Bahn AG? Schumacher selbst war übrigens nicht prinzipiell gegen Großtechnologie eingestellt, er wollte nur ihrem Überwiegen entgegentreten.“

Die Missverständnisse bestehen in folgenden Punkten:
Mittlere Technologien …
… sind eine Ideologie
… sind das Gegenstück zur großen Technologie der Industrie
… wollen dem Überwiegen der Großtechnologie entgegentreten
… führen zum Gleichgewicht zwischen Mensch und Umwelt
… sind kleine Maschinen

Darum geht es den mittleren Technologien aber nicht.
Mittlere Technologien sollen für ihre Anwender bezahlbar sein und ihnen ein Stück Lebensgrundlage und somit ein Stück wirtschaftliche Unabhängigkeit und Mitspracherecht in der Gesellschaft zurückgeben.

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