Physische Ökonomie
28.12.2009 von michey
Angenommen …
… wir betrachten die Güterströme in der Wirtschaft – und jetzt kommts – losgelöst vom Geld. Manche mögen jetzt sagen „das geht doch nicht! Wie soll man sich ohne Geld etwas kaufen!“. Mir fällt das Denken ohne Geld sehr leicht, weil ich Ingenieur bin und beruflich mit den universellen Prinzipien der Naturgesetze arbeite und weniger mit menschlichen Prinzip des Geldes. Ich versuche deshalb einmal, Euch mit einem Beispiel deutlich zu machen, um was ich sagen möchte.
Ich habe mir gerade eine schöne heiße Tasse Kakao gemacht. Dazu habe ich etwas Kakao, heißes Wasser und einen Schuss Milch genommen. Das Wasser kommt bei mir aus dem Wasserhahn beziehungsweise aus der Wasserleitung … nein .. eigentlich wird das Wasser in einer Talsperre in der Region gesammelt und fließt über Wasserleitungen in mein Haus. Damit ich nicht jedes Kilogramm Wasser 10 Meter hoch in meine Wohnung schleppen muss, wird das Wasser in meinen Wasserhahn gepumpt. Mineralwasserflaschen kaufe ich keine, weil das Wasser dort häufig in einem anderen Teil Europas in Flaschen abgefüllt wird und dann mit Lastwagen zum Supermarkt in meiner Nähe gefahren werden müsste. Das macht doch irgendwie keinen Sinn, Wasser in Flaschen durch Europa zu fahren, obwohl es doch bei mir vor Ort vom Himmel fällt.
Das Gas, um das Wasser heiß zu machen kommt … nun ja … durch die Gasleitung zu mir. Genau genommen kommt es irgendwo in Russland aus der Erde. Ich muss nicht jedes Kilogramm Gas von Russland aus zu meiner Wohnung schleppen. Das übernehmen Pumpen für mich, die das Gas über tausende Kilometer durch Pipelines pumpen.
Diesen Sommer haben Arbeiter die Straßen vor meinem Haus aufgerissen und die Gas- und Wasserleitungen repariert. Die Arbeiter haben dies natürlich nicht mit Muskelkraft gemacht. Eigentlich waren nur drei Arbeiter da und ein großer Bagger, der die Schwerstarbeit gemacht hat. Eigentlich ist so ein Bagger doch eine Super Sache: Niemand muss sich mit Spitzhacke und Spaten in einer Baugrube die Gesundheit durch Schwerstarbeit kaputtmachen. Die Wasserleitung und auch die Gasleitung sind in gutem Zustand und so habe ich meinen heißen Kakao.
Mein Kakao kommt aus dem Laden, der Fair-Trade-Produkte in meiner Stadt verkauft. Fair-Trade deshalb, weil ich hoffe, dass die Bauern in in der Elfenbeinküste nicht vor ihren gefüllten Kakaosäcken verhungern müssen, während sie den Kakao für mich machen. Der Kakao wird dann vermutlich mit Schiffen und Lastwagen zu dem Fair-Trade-Laden gefahren wo ich ihn dann abhole. Niemand muss den Kakao von Afrika bis zum mir mit den Händen tragen.
Bald wird der Kakao auf meine Blase drücken und ich werde dann dort hin gehen, wo der Kaiser zu Fuß hingeht. Ich werde dann eine Menge chemischer Elemente wie Stickstoff aus dem Haber Bosch Verfahren sowie Wasserstoff, Sauerstoff die Toilette herunterspülen. Sollte sich mein Mittagessen von heute sich noch melden werde ich auch Phosphor aus Marokko oder den USA, Kalium, Calcium und viele andere Chemische Elemente in die Abwasserleitung spülen. Von dort aus kommen diese Chemischen Elemente dann in die Kläranlage, dann in die Müllverbrennungsanlage und dann auf eine Deponie.
Die Gedanken sind doch gar nicht so ungewöhnlich und neu, nicht wahr? Das ist physische Ökonomie – so einfach dass es schon fast banal ist – doch ist es das wirklich?
Physische Ökonomie – fremde Ökonomie
Ich war heute in der Universitätsbiliothek und habe ein bisschen im Bereich Thermodynamik geschmökert. Was es da alles gibt – ich bin immer wieder begeistert, was alles machbar ist. Unsere technischen Möglichkeiten sind enorm, nicht nur in Deutschland sondern Weltweit! Im Grunde genommen bräuchten wir Menschen auf dieser Welt heute kaum zu arbeiten und hätten genug zu essen, zu trinken und ein gemütliches Zuhause. Rein technisch gesehen ist diese Erde ein Schlaraffenland. Durch die Hilfe unserer Technik bräuchten wir nicht unser Brot auf biblische Art im Schweiße unseres Angesichts essen. Wenn jemand jetzt meint, das das nicht geht, dann kann er gleich zu mir kommen und ich sage ihm ein technisches Projekt zur technischen Verbesserung der Lebensumstände von Menschen, mit dessen Umsetzung er gleich morgen anfangen kann. Es steht jedem frei, auch zu einem anderen Ingenieur zu gehen. In den Schubladen meiner Kollegen quillen die Ideen genau so über wie in meiner.
Dafür sorgen, dass die Menschen sich vertragen uns sich nicht gegenseitig das Leben zur Hölle machen, das können meine Ingenieurskollegen und ich nicht. Sich gegenseitig respektieren und das eigene Leben gestalten, das müssen die Menschen schon selbst tun. Ich denke, dass jeder Mensch sein eigenes Leben sehr gut gestalten würde, wenn man ihn oder sie einfach nur machen läßt.
Vielleicht könnte jemand jetzt behaupten, dass in der freien Wirtschaft mit ihren Gesetzen des freien Marktes ein gutes Leben für alle nun einmal nicht geht. Das ist schließlich nicht finanzierbar – doch vorsicht – hier schleicht sich schon wieder das Gesetz der Geldes ein, das wie ein einzig wahrer Gott keinen Widerspruch duldet. Doch Geld ist kein universelles Prinzip sondern von Menschen gemacht.
Betrachtet man die Ökonomie rein physikalisch, also mit Hilfe der Prinzipien des Erhaltes von Masse, Energie, Impuls und der elektrischen Ladung, so kann man im Grunde genommen sagen dass jeder Mensch, der durch die Folgen von Armut stirbt, durch unsere Gleichgültigkeit und unser Wegsehen ermordet wird. Ist Physische Ökonomie immer noch banal oder erkennen wir, dass wir im grunde oft nicht wissen, was wir tun?
Aber was bleibt zu tun?
Für mich selbst zumindest weiß ich genau, was ich als Ingenieur zu tun habe. Ich nehme als Ingenieur nur Aufträge an, die mir physikalisch als sinnvoll erscheinen und selbstverständlich auch meinem Auftraggeber helfen Lebensgrundlagen zu erschaffen, sprich Erträge zu erwirtschaften. Ich versuche auch, meine Auftraggeber zu inspirieren, so dass sie die physikalischen Wirkungen ihres Handelns besser überblicken können. Oft ergeben sich hier völlig neue Geschäftsmöglichkeiten. (Hier ist ein vierteiliges Video, dass mich selbst sehr inspiriert hat und das einige Möglichkeiten aufzeigt.) Damit ich das tun kann, habe ich eigene Lebensgrundlagen in Form von nützlichen Technologien erschaffen, so dass ich im Notfall auch mal auf einen Auftrag verzichten kann, wenn dieser mir physikalisch unsinnig erscheint. Mein Lebensstandard ist meinen Lebensgrundlagen angemessen, so dass ich nicht der Sklave meines Besitzes bin. Gleichzeitig fehlt es mir an nichts. Auf diese Weise, versuche ich im Alltag, meine Verantwortung wahrzunehmen, so gut ich es eben kann. Was mein Handeln wiederum für Konsequenzen hat, wird nur die Zukunft zeigen.