Lebensgrundlagen

Der Blick auf das Wesentliche

Wenn ich mit Menschen über das Thema Wirtschaft spreche, dann begegnen mir zumeist zwei Gruppen von Menschen. Ich nenne sie mal „Idealisten“ und „Realisten“, ohne diese Menschen in eine der beiden Schubladen stecken zu wollen. Ich nenne sie nur so, um meine Ausführungen etwas plakativer zu machen.
Spreche ich mit Realisten, dann dreht sich das Thema bei Gesprächen bezüglich Wirtschaft oft nur um zwei Begriffe: Arbeit und Geld. Viele der Realisten, die ich so erlebe, sehen ihren Blick vor allem darauf gerichtet, möglichst viel Geld zu verdienen und einen sicheren Arbeitsplatz zu haben. Arbeit ist für sie die Grundlage ihres Lebensstandards und viele Realisten sehen im technischen Fortschritt den Beweis, dass das bestehende Wirtschaftssystem ja gar nicht so schlecht sein kann. Viele der Realisten wenden ihren Blick von den unschönen Seiten des Wirtschaftslebens ab. Wenn jeder seines Glückes Schmied ist, dann wird der Grund für Armut wohl bei den Betroffenen selbst zu suchen sein. Dennoch haben viele der Realisten Angst, selbst einmal die hässlichen Seiten des Wirtschaftslebens zu spüren und deshalb sprechen sie meist nicht wirklich gerne darüber und gehen schnell zu einem schöneren Gesprächsthema über wie zum Beispiel die neusten Computer auf dem Markt oder der Verdauung ihres Hundes.

Begegnen mir Idealisten, dann höre ich zumeist viel Kritik an unserem bestehenden Wirtschaftssystem. Es wird in Gesprächen zum Thema Wirtschaft viel über Armut, Ausbeutung, Umweltverschmutzung gejammert. Idealisten haben aber durchaus Ideen für die Lösung wirtschaftlicher Probleme bereit. Viele dieser Idealisten engagieren sich aktiv für ihre Ideen und belasten sich bis an die Grenze des Machbaren. Viele dieser Initiativen haben durchaus Erfolge zu verzeichnen, aber meist hängt dieser Erfolg an wenigen Idealisten, die diese Ideen ehrenamtlich anschieben. Wenn diese Anschieber irgendwann erschöpft sind, oder verlockende Angebote für wirtschaftliche Tätigkeiten jenseits ihrer Ideen wirtschafltiche Sicherheit versprechen, dann bricht die Initiative zumeist sehr schnell zusammen.

Ich habe mich deshalb gefragt, woran es liegt, dass sich bezüglich des Themas Wirtschaft die allermeisten Menschen im Kreis zu drehen scheinen. Es ist schon irgendwie verrückt: Selbst Insekten, Würmer, Mäuse – im Grunde genommen alle Tiere wissen, wie sie wirtschaften müssen um zu überleben. Nur wir Menschen bekommen es nicht auf die Reihe. Also woran liegt es, dass wir bezüglich des Themas Wirtschaft so hilfos zu sein scheinen? Was wissen die Mäuse, was wir nicht wissen?

Meiner Ansicht nach liegt die Anwort auf der Hand, auch wenn ich jetzt damit sehr stark provozieren dürfte. Die Antwort heißt

EIGENE LEBENSGRUNDLAGEN

Das ist es, um was sich alles Dreht. Alles Leben strebt danach, eigene Lebensgrundlagen zu besitzen und das ist es auch, um was sich unser menschliches Wirtschaftssystem dreht. Es ist nicht die Arbeit oder das Geld sondern das Eigentum an Lebensgrundlagen. Der Eigentümer einer Lebensgrundlage kann bestimmen, wer seine Lebensgrundlage nutzen darf. Das heißt, dass der Eigentümer einer Lebensgrundlage darüber bestimen darf, wer ein stückchen Existenzberechtigung bekommt. Nicht die Arbeit, Geld oder Geschäftsmodelle sind Lebensgrundlagen sondern Boden, Kulturpflanzen, Rohstoffe, Maschinen, Technologien, Wissen, Medizin, Energie usw.

Ich möchte hier folgende These aufstellen, die sich auf meine Erfahrung begründet: Eine Initiative, die nicht gleichzeitig mit ihrer Gründung die Erschaffung von Lebensgrundlagen erreicht, ist auf dauer nicht eigenständig  lebensfähig.

Hierin ist wahrscheinlich der Grund zu suchen, warum so viele Initiativen scheitern.

Nützlinge und die Knappheit

Viele Ressourcen scheinen begrenzt und knapp. Knappheit ist die Voraussetzung unseres bestehenden Wirtschaftssystems, denn nur wenn ein Gut knapp ist, kann dafür ein Preis verlangt werden. Wollte ich Luft verkaufen, ich würde keine Käufer finden, weil einfach zu viel davon da ist. Doch warum sind Ressourcen, die auch zumeist Lebensgrundlagen sind, knapp? Ein Grund dafür kann darin liegen, dass die Eigentümer dieser Ressorucen den Zugang künstlich beschränken und so eine künstliche Knappheit verursachen.

Ein anderer physikalischer Grund ist, dass die Nutzung der Ressourcen, so wie wir sie heute zumeist praktizieren, schädlich für die Ressoruce ist. Wir verbrauchen Ressourcen – und produzieren Müll. Professor Michael Braungart hat bei einem Vortrag das schöne Beispiel von den Ameisen gebracht, deren Biomasse ungefär 30 Milliarden Menschen entspricht und die zumeist keine Vegetarier sind. Der Unterschied zwischen Ameisen und Menschen ist nur, dass Ameisen keinen Müll produzieren und ihre Ressourcen nicht verbrauchen. Was kann man darus schließen?

Ein Ingenieur, der eine Technologie so konstruiert, dass sie nicht schädlich sondern nützlich für ihre Ressource ist, erschafft eine Lebensgrundlage, die von ihrem Wesen her nicht knapp ist. Dies gilt es weiterzudenken und hier ist Kreativität gefragt. Es liegt nicht an Politikern, etwas zu verändern, sondern an jedem, der neue Technologien in die Welt setzt.

Altland & Neuland

Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.

(Weissagung der Cree-Indianer)

Mit Altland bezeichnen wir ungesunde Strukturen welche nicht ueberlebensfaehig sind und unsere Lebensqualitaet einschraenken (werden). Altland-Strukturen finden wir z.B. in der Wirtschaft, Politik, Wissensvermittlung und Technologieentwicklung.

Neuland sind alternative Strukturen, welche wir benoetigen um unsere Lebensqualitaet zu sichern und zu verbessern. Ohne ein Neuland wird Altland viele Probleme und Leid verursachen.

Unser Anliegen mit „Nuevalandia.net“:

  • Existentes Neuland aufzeigen damit verantwortungsvolle Menschen dieses nutzen und entwickeln koennen anstatt Altland unterstuetzen zu muessen.
  • Auf Baustellen und aktuelle Neuland-Projekte hinweisen um Interessierte zum „mitbauen“ zu gewinnen. Dieses vor allem im Neuland-Wiki.
  • Die Fehler in Altland-Strukturen aufzeigen um daraus zu lernen.

Dazu laden wir jeden Mitleser von Herzen ein!

Die scheinbare Freiheit

In den letzten Artikeln habe ich sehr viel über die Vorteile von selbstorganisierenden Projekten, der Schaffung eigener Lebensgrundlagen und Freiheit geschrieben und hier habe ich vor allem die Vorteile und Chancen beschrieben. In diesem Blogbeitrag möchte ich jetzt auf die große Gefahr der Selbstausbeutung in selbstorganisierenden Projekten hinweisen, die mir bewusst geworden ist, als ich einen Artikel über virtuelle Callcenter gelesen habe. Ich möchte darüber schreiben, um Möglichkeiten zu schildern, wie man sich gegen diese Gefahr schützen kann. Dazu muss man die Mechanismen der Selbstausbeutung aber frühzeitig erkennen.

In den eben erwähnten Blogbeitrag, den ich gelesen habe geht es um bestimmte Callcenter, die hier aber lediglich als Beispiel dienen sollen. Es sind auch andere Unternehmensformen denkbar, die aber alle nach einem ähnlichen Muster der Ausbeutung arbeiten werden. Die eben genannten Callcenter beschäftigen „selbständige“ Mitarbeiter, die ihre Arbeit am Rechner von zu Hause aus erledigen. Diese scheinbar selbständigen Beschäftigten sind dabei über das Internet mit dem Firmennetzwerk verbunden. Bezahlt werden die Beschäftigten danach, welche Bewertung sie im Betriebseigenen Bewertungssystem erreichen. Je mehr Umsatz ein Beschäftigter macht, desto mehr Aufträge werden ihm zugeschoben und desto mehr Umsatz macht er. Ein ständiger Konkurrenzkampf, die Vereinzelung der Beschäftigten und gnadenlose Selbstausbeutung sind dabei die Folge. Die vermeintliche Freiheit wird dabei schnell zur Sklaverei. Das Joch der Sklaverei existiert dabei nicht in Form eines Schuldverhältnisses, sonder noch viel schlimmer, es existiert lediglich im Kopf der Beschäftigten. Es ist für den beschäftigten selbst unsichtbar und wird mit der Zeit immer stärker, bis der Beschäftigte irgendwann unter der Last der Arbeit gesundheitlich zusammenbricht.

Wo liegt die Grundlage der Selbstausbeutung?

Es stellt sich also die Frage, worin die Grundlage der Selbstausbeutung zu finden ist. Was ist also der Unterschied zu einem Erfinder, der in seiner eigenen Werkstatt bis zum Umfallen an seiner Erfindung arbeitet und z.B einem Ingenieur, der an einem über das Internet vernetzten Projekt zur Konstruktion einer Anlage teilnimmt? So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. Beide können ausgebeutet werden oder auch nicht.

Zunächst möchte ich den Begriff der Selbstausbeutung etwas präzisieren: Ausbeutung bedeutet zuerst einmal die verbrauchende Nutzung einer Ressource. Auch Menschen können ausgebeutet werden, z.B. durch Sklaverei oder Lohndumping oder ähnliches. Die Aussage, dass bei Selbstausbeutung ein Mensch diese verbrauchende Nutzung selbst übernimmt, erscheint mir etwas irreführend, denn ein Mensch selbst würde das aus eigenem Willen vermutlich nicht tun. Der Menschliche Körper ist vor allem Faul und verfügt über einen starken Selbsterhaltungstrieb und das ist sicherlich gut für den Selbsterhalt. Das erscheint jetzt vielleicht etwas provokativ, aber ich Frage bei in dieser Situation danach, wer hinter dieser Ausbeutung steht, die scheinbar durch den Menschen selbst stattfindet.

Bei genauerem Hinsehen erscheint bei der Selbstausbeutung ein unsichtbares Joch und eine Unsichtbare Peitsche und es ist nicht der Mensch selbst, der Peitsche und Joch führt. Stellt man sich die Frage „Wer Profitiert ?“ und folgt man den Zügeln am Joch bis zur führenden Hand, so steht hier oft ein Gläubiger, ein Investor, laufende Lebenshaltungskosten, die Erwartungen anderer Menschen, Verpflichtungen, die eigenen Wünsche und was auch immer. Die Gründe sind hier vielfältig aber ganz besonders gefählich wird es, wenn andere Personen im Hintergrund profitieren, denn hier hilft nicht einmal der Selbsterhaltungstrieb des ausgebeuteten Menschen.

Die zwei folgenden Bedingungen erscheinen mir besonders auffällig, dass eine Person im Hintergrund durch die Ausbeutung profitiert:

  • Es existert ein Bewertungssystem mit Belohnungs- und Bestrafungsfunktionen, ganz gleich, wie das aussehen mag – und das ist ganz wichtig – der ausgebeutete kennt dieses System. Es ist vergleichbar mit einem Panopticon.
  • Der Ausgebeutete ist nicht der Eigentümer seiner Lebensgrundlagen und nicht Eigentümer der Früchte seiner Arbeit. Die Früchte seiner Arbeit gehören „dem Team“, oder „dem Projekt“. Typisch sind hier zum Beispiel Berufsverbote beim Ausscheiden aus dem Projekt oder irgendwelche Verzichtserklärungen.

Offenes Wissen als Sicherheit

Selbstausbeutung bei selbstorganisierenden Projekten wird am besten durch folgende Vorkehrungen vermieden:

  1. Jeder Teilnehmer nimmt am Projekt nur aus Selbstzweck Teil frei nach dem Motto: „Ich tu was ich will, will was tu und tu es nur für mich selbst.
  2. Jeder Teilnehmer muss Eigentümer seiner Arbeitsmittel sein.
  3. Jeder Teilnehmer hat Zugang zum gesamten Wissen des Projekts.
  4. Jeder Teilnehmer kann dieses Wissen für andere Projekte frei nutzen.
  5. Jeder Teilnehmer hat direkten Kundenkontakt bzw. Kontakt zur erschaffenen Lebensgrundlage.
  6. Jeder Teilnehmer kann jederzeit aus dem Projekt aussteigen.
  7. Jeder Teilnehmer erledigt seine Aufgaben nach den Regeln seines Berufsstandes nach bestem Wissen.
  8. Jeder Teilnehmer übernimmt die Haftung für das was er tut nach den gesetzlichen Regeln.
  9. Jeder Teilnehmer wird nach seinem Arbeitsaufwand am Gewinn beteiligt.
  10. Kein Teilnehmer akzeptiert Verzichtserklärungen, Verpflichtungen, Berufsverbote und Sanktionen.
  11. Kein Teilnehmer akzeptiert einen Vorgesetzten.

Wenn einer dieser Punkte nicht erfüllt sein sollte gilt es, besonders Wachsam zu sein.

Hier eine kleine Anmerkung von mir, die aus meiner persönlichen Erfahrung stammt: Das Yogasutra von Patanjali ist ein sehr schönes Buch, dass bei genauerem Hinsehen viele Anhaltspunkte zur aktiven Vermeidung von Ausbeutung eröffnet. Die Aufgabe der Interpretation der einzelnen Verse (Sutras) liegt absichtlich beim Leser, was dieses Buch besonders reizvoll macht. Die Gestaltung des Buches „Das Yogasutra“ von R. Siriram hat mir persönlich am besten gefallen, da hier die originalen Sutras den Erläuterungen des Verfassers gegenübergstellt werden.

ISBN 978-3-7831-9525-5

Was soll ich bloß wählen?

Wer kennt die Frage nicht: „Welche Partei soll ich bloß wählen?“ Wer hat nicht schon mal den Spruch gehört: „Kleine Parteien wählen bringt überhaupt nichts, weil die ja sowieso nicht in den Bundestag kommen.“ Ist es wirklich so, dass es nichts bringt, einer kleinen Partei seiner Wahl die Stimme zu geben? Wer hat den Leuten eigentlich eine solche Denkweise beigebracht? Ganz gleich wer es war, er war offensichtlich sehr erfolgreich. Das Resultat sehen wir in unserer Politik: Wir haben zwei Blockparteien, die sich in ihren Ansichten kaum unterscheiden und die Menschen sind unzufrieden und jammern einem die Ohren voll. Ich höre oft den Spruch: „Es ist sowieso egal, was man wählt, weil die sowieso machen was sie wollen.“ Das mag sicher stimmen, aber warum sollten die, wer immer das auch sein mag, denn nicht machen, was sie wollen. Sie werden doch ohnehin immer wieder gewählt. Es ist irgendwie schon ein Dilemma und die Gedanken drehen sich im Kreis. Einerseits beschweren sich die Leute, andererseits wählen sie dann immer wieder die großen Parteien.

Wenn sich meine Gedanken im Kreis drehen, dann ist das meist ein Zeichen dafür, dass ich einige Informationen nicht berücksichtigt habe und dadurch die Kette meiner logischen Schlussfolgerungen irgendwo durchbrochen ist.

Ab besten, ich zäume das Pferd von einer anderen Richtung auf.

Wozu ist denn eine Partei eigentlich gut? Laut des Artikels bei Wikipedia über Parteien haben Parteien folgende Aufgaben:

  • Rekrutierung von Personal und Aufstellung von Kandidaten für politische Ämter
  • Formulierung von Interessen
  • Verbindung zwischen Staat und Bürger
  • Entwicklung von politischen Programmen
  • Aufstellen und Einflussnahme auf die Regierung
  • Sicherstellen der Verantwortlichkeit von Entscheidungsträgern

Welchen Sinn hätte also zum Beispiel eine „Partei der Katzenliebhaber“? Ich hoffe, dass diese Partei jetzt frei erfunden ist. Sollte es doch eine Partei der Katzenliebhaber geben und sollte sich diese Partei sich wegen der Erwähnung in diesem Text gestört fühlen, dann sollte sie mir das mitteilen und ich werde den Namen ändern in „Partei der Züchter von Osterglocken“ – wie auch immer. Ich möchte die Aufgaben einer jetzt mal am Beispiel der „Partei der Katzenliebhaber“ darstellen.

  • Die Partei (der Katzenliebhaber) wird wahrscheinlich redegewandte Katzenliebhaber als Kandidaten aufstellen, die die Ziele der Parteimitglieder gut formulieren können. Wenn sie das nicht schafft wird es ohnehin ziemlich peinlich.
  • Bürger, die sich für Katzen engagieren möchten, haben in der Parteibasis die Chance, sich zu vernetzen. Vernetzung ist eine wichtige Funktion von Parteien, die in der Bevölkerung oft viel zu wenig bekannt ist.
  • Alle engagierten Katzenliebhaber werden im Netzwerk der Partei viel Know-How ansammeln, das für die Vertretung der Interessen von Katzenliebhabern notwendig ist. Hat ein Katzenliebhaber Schwierigkeiten, zum Beispiel wegen einer Mangel an Veterinärmedizinern, kann über das Netzwerk der Katzenliebhaber leicht in Eigeninitiative eine Lösung gefunden werden.

Vor allem weil die Partei ziemlich klein ist, werden sich Lobbyisten für diese Partei nicht wirklich interessieren. Die Wahrscheinlichkeit ist hier also sehr hoch, dass wir es bei den Amtsträgern in der Partei mit Katzenliebhabern zu tun haben. Diese Katzenliebhaber werden sich sehr wahrscheinlich für das Wohl von Katzenliebhabern und deren flauschigen vierbeinigen Freunden einsetzen und nicht für das Wohl irgendeines multinationalen Konzerns oder einer Bank.

Sollte die Partei der Katzenliebhaber wider Erwarten auch nur einen Sitz im Bundestag oder im Landtag bekommen, so wäre die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass nun mindestens ein Abgeordneter ein Katzenliebhaber ist, der die Interessen von Katzenliebhabern & Co. vertritt und nicht die Interessen von  Firmen und deren Lobbyisten im Hintergrund.

Dieser Abgeordnete wird zudem nicht nur anwesend sein, wenn im Bundestag über Tierschutz debattiert wird sondern auch, wenn über Arbeitslosigkeit, Krieg und ähnliches gesprochen wird. Dieser Abgeordnete darf auch im Bundestag abstimmen, wenn es zum Beispiel um Verfassungsänderungen geht. Dieser Abgeordnete, der kaum an die Interessen von Lobbyisten gebunden ist, wird außerdem z.B. in Interviews viele interessante Sachen zu erzählen haben.

Fazit

Ganz gleich, wie klein eine Partei ist, ist sie dennoch sinnvoll, soweit sie am Gemeinwohl orientiert ist, die Menschenwürde achtet und nicht nur irgendwelche Machtansprüche durchsetzen will.

Parteien sind vor allem ein Forum, in dem sich Menschen vernetzen können, um in Kooperation gemeinsam ihre Umgebung aktiv zu gestalten. Hier liegt vor allem der Sinn der Parteien. Die Besetzung von politischen Ämtern ist ohnehin zweitrangig, da Politik lediglich die Tendenzen verstärkt, die ohnehin in der Gesellschaft zu finden sind. Viele Menschen denken, dass Politik im Parlament oder in den Firmenzentralen der großen Konzerne gemacht wird, aber das ist ein Mythos. Bewegungen in der Gesellschaft gehen immer von der Geisteshaltung der Außenseiter in der Bevölkerung aus, auch wenn das Resultat hier nicht vorhersehbar ist. Politik ist hier lediglich ein selbstverstärkender Faktor im komplexen System der Gesellschaft. Darum bin ich persönlich der Meinung:

Wählt die Partei, die Euch am meisten am Herzen liegt und wo Ihr einen guten Eindruck von den Leuten habt, die in der Parteibasis zu finden sind. Achtet nicht zu sehr auf die Größe der Partei, denn sonst lauft Ihr doch nur dem prognostizierten Wahlergebnis hinterher, von dem Euch andere sagen, dass es sinnvoll ist. Seid beim Wählen wachsam, flexibel und wenn Euch irgend etwas an einer Partei nicht mehr passt, dann wählt eine andere Partei, mit deren Ziele Ihr Euch anfreunden könnt. Vielfalt in der Politik ist nicht schlecht. Mit Gleichschaltung dagegen, haben wir bereits historisch schlechte Erfahrungen gemacht.

Techniker und Wissenschaftler fern der Realität

Aus meiner Erfahrung, die ich während meiner Arbeitszeit in der universitärer Forschung aber auch während einiger Industriepraktika machen durfte, kann ich sagen, dass viele Wissenschaftler und Techniker in der Industrie sowie in den Forschungseinrichtungen oft fern der Realität leben und arbeiten. Das liegt vor allem daran, dass sich die Arbeit von Wissenschaftlern und Technikern in der Industrie hauptsächlich mit dem Tagesgeschäft des Unternehmens befasst, für das sie arbeiten. In vielen Industriebetrieben und Forschungseinrichtungen Zählt vor allem, mehr als das geforderte Arbeitspensum zu erfüllen, die Arbeitskollegen daran zu hindern, in der Firmenhierarchie aufzusteigen und beim eigenen Vorgesetzten eine möglichst gute Figur zu machen. Für die Beschäftigung mit Wissenschaft und Technik bleibt da kaum Zeit. Um den Menschen außerhalb des eigenen Unternehmens zuzuhören und sich mit deren Aussagen zu beschäftigen, bleibt noch weniger Zeit. So kann ich anhand dessen, was ich selbst erlebe, aber auch, was mir Freunde und Bekannte berichten immer wieder sehen, dass in vielen Unternehmen zwar das für die Produktion notwendige Spezialwissen da ist, aber die technische-, wissenschaftliche- und philosophische Allgemeinbildung gepaart mit fundierten Kenntnissen nur wenig vorhanden ist.

Um sich eine solche Allgemeinbildung anzueignen und diese auch zu pflegen braucht man viel Zeit: Zeit zum Lesen und Recherchieren, Zeit zum Denken, Zeit, um mit anderen zu sprechen, Zeit, um anderen Menschen zuzuhören, Zeit, um an interessanten Dingen zu basteln, Zeit, um die eigenen Grenzen zu erweitern und Zeit, um sich mit Kunst und Philosophie auseinander zu setzen. Jemand, der in seinem Unternehmen in der Hierarchie aufsteigen muss, um nicht eines Tages rausgeschmissen zu werden, der hat diese Zeit so gut wie gar nicht. Für den einzelnen bleibt in letzter Konsequenz keine Zeit darüber nachzudenken, ob das eigene Handeln schädlich für die Allgemeinheit oder die Umwelt ist oder nicht.

Während meines Studiums habe ich einmal von einem Dozenten den Spruch gehört, dass ich das, was ich in der Uni lerne, in der industriellen Praxis sowieso nicht brauchen werde. Ich bin heute nicht in der Industrie beschäftigt sondern selbständig, und ich brauche das theoretische Wissen aus der Uni so dringend, wie mein tägliches Brot. Die technische-, wissenschaftliche- und philosophische Allgemeinbildung, die ich mit viel Zeitaufwand pflege, hilft mir täglich, unter Umständen folgenschwere Entscheidungen zu treffen, die ich ohne fremde Hilfe treffen muss.

Besondere Anforderungen an Entwickler von Open Source Technologien

Gerade in der Entwicklung von Open Source Technologien, die durch die Erträge der Prototypen finanziert werden, muss ein sehr hohes Maß an Effizienz erreicht werden. Meist ist kein Geld da, um nach dem Prinzip „try and error“ so viele Fehlversuche durchzufühern, bis die Technologie irgendwann serienreif ist. Der Prototyp muss häufig auf Anhieb funktionieren und hauptsächlich aus zum Teil zweckentfremdeten Kaufteilen bestehen. Fehlschläge können den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Das erfordert ein Höchstmaß an Kreativität, eine umfangreiche Allgemeinbildung, aber auch eine große Offenheit für die technischen Lösungen anderer. Das wiederum erfordert viel Zeit.

Die Aus- und Weiterbildung von Wissenschaftler und Technikern unter Zeitmangel, wie sie in der heutigen Industrie zum Teil praktiziert wird, ist meist nicht ausreichend, um die Entwicklung von Open Source Technologien inklusive der Finanzierung durch die Erträge des Prototypen durchzuführen. Ein Berufsbild, dass die nötigen Voraussetzungen für den Open Source Bereich erfüllt, ist mir vor einiger Zeit begegnet, als ich mich mit dem Begriff des „Hackers“ befasste.

Hacker als möglicher Beruf in der Open Source Technologie

Bei der Betrachtung des Begriffs des „Hackers“ auf den ich vor kurzem gestoßen bin, habe ich viele Antworten auf die Frage nach den Anforderungen an Technikern und Wissenschaftlern in bei der Entwicklung von Open source Technologien gefunden. Zuerst ist es aber wichtig den Begriff der „Hackers“ zu definieren.

Ein Hacker ist im Allgemeinen ein Technik-Enthusiast mit umfangreichen technischen Grundlagenkenntnissen, der Technologien verschiedenster Art außerhalb ihrer Zweckbestimmung verwendet [Quelle: Wikipedia]. Wau Holland, einer der Leitfiguren des Chaos Computer Clubs, erklärte den Begriff des Hackers mit folgendem Satz: „Ein Hacker ist jemand, der versucht einen Weg zu finden, wie man mit einer Kaffeemaschine Toast zubereiten kann“ Dieser Satz betont den kreativen Umgang mit Technik als einen wesentliche Eigenschaft eines Hackers.

Um Technik auf dieses Weise einsetzen zu können bedarf es viel Zeit für die Pflege des eigenen Wissensschatzes. Wer kennt nicht das Klischee des Hackers, der von morgens bis tief in die Nacht allein in seinem Ein-Zimmer-Apartment am Computer sitzt und sich von Pizza, Cola und Kaffee ernährt. Dieses Klischee mag in der Realität nicht zwingend zutreffen,  aber es ist ein Bild dafür, dass ein Hacker fernab von den Intriegen in großen Firmen viel Zeit damit verbringt, seinen Wissensschatz zu pflegen und ständig seine Grenzen zu erweitern.

Die Möglichkeiten, die ein solcher Wissensschatz zusammen mit der Zeit für Kreativität bietet, sind enorm und haben vielleicht zum Mythos des Hackers beigetragen. Es bleibt zu überlegen, ob im Bereich der Open Source Technologien die Lebenseinstellung des „Hackers“ auch die Vorlage für ein Berufsbild sein könnte.

Gesellschaftliche Verantwortung

Technik und Wissenschaft sind in unserer heutigen Zeit vor allem Abhängig vom Geld. Technik und Wissenschaft sind eine der wichtigsten Lebensgrundlagen unserer Gesellschaft und sie werden durch das Vorhandensein von Geld bestimmt. In wichtigen Fragen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, wie z.B. die Kernenergie, sind die Wissenschaftler, die die Bevölkerung informieren soll(t)en vom Geld abhängig. Dabei bestimmt derjenige, der den Wissenschaftler bezahlt, was in dem Gutachten steht. Ist ja eigentlich auch logisch: Ich persönlich würde ja auch nicht für ein Gutachten bezahlen, das meinen Absichten in die Quere kommt – da wäre ich ja schön blöd ;) Also bekommt die Bevölkerung das zu hören, was sie hören soll und das ist bestimmt nicht förderlich für die Demokratie.

Wo soll also einzelne Bürger die Informationen her bekommen, die er oder sie braucht, um demokratische Entscheidungen treffen zu können? Antwort ist eigentlich bestechend einfach. Ich möchte das kurz an einem Beispiel erläutern, das ich recht nett finde:

Die Geschichte ist wahr und sie hat sich im Sommer 1994 zugetragen, als der Komet Shoemaker-Levy 9 auf dem Planeten Jupiter eingeschlagen ist. Einige Tage davor klingelten meine Nachbarn an meiner Tür mit der Bildzeitung in der Hand – ich denke, es war die Bildzeitung. Ich war damals im Dorf als Astronomie-Enthusiast bekannt, der nachts mit dem Ferrohr auf der Wiese steht und den Himmel Fotografiert. Meine Naschbarn zeigten mir einen Artikel in der Zeitung über den Einschlag von Shoemaker-Levy 9, der in der Randspalte der Zeitung stand. Über dem Artikel war ein Gemälde gedruckt, dass brennende Wälder zeigte. Der Hmmel auf dem Gemälde glühte orange rot und war durchsetzt von dem Qualm der brennenden Wälder. Zwischen den orange glühenden Wolken un dem schwarzen Qualm strahlten weiß die herabstürzenden Meteoriten, die die Erde in Schutt und Asche legten – ein farblich schönes Gemälde.

Meine Nachbarn kamen also etwas verunsichert mit dem Zeitungsartikel zu mir und fragten mich, ob von dem Kometeneinschlag eine Gefahr für die Erde ausgeht. Ich konnte meine Nachbarn beruhigen und machte ihnen die Entfernung zum Jupiter am Beispiel der Größe meiner Hand und der Entfernung zum nächsten Dorf deutlich.

Wo bekommt der Einzelne Bürger also die Fachinformationen her, die er für die politische Meinungsbildung braucht? Ganz einfach – bei den Hackern von Nebenan, die auch ohne Bezahlung das tun, was sie wollen. Hier sehe ich die gesellschaftliche Verantwortung von Hackern und allen Open Source engagierten.

Die Grundlage des Vertrauens in optimalen Unternehmen

Angenommen drei Ingenieure, ein Kaufmann und ein Handwerker entwickeln gemeinsam in einem Workshop eine mobiles Micro-Wasserkraftwerk. Diese fünf Personen sind selbständig und voneinander unabhängig. Weiterhin haben diese Personen keinen Vertrag abgeschlossen, der regelt, wie die Gewinne aus dem Projekt verteilt werden. Es besteht auch kein Vertrag, der irgendeine Verpflichtung der Teilnehmer beinhaltet. Diese fünf Personen bilden ein Optimales Unternehmen. Sie handeln wie ein großes Unternehmen, sind aber völlig unabhängig voneinander. Kann ein solches Projekt überhaupt funktionieren? Warum betrügt keiner der Beteiligten die anderen? Nach unserem herkömmlichen Verständnis von Wirtschaft dürfte es ein solches Projekt gar nicht geben, weil doch jeder der Beteiligten als Homo Oeconomicus seinen maximalen Vorteil suchen müsste. Kann es vielleicht sein, dass alle Beteiligten doch ein Stück weit ihren materiellen und auch menschlichen Vorteil suchen und sich deshalb nicht gegenseitig betrügen? Was wäre der Grund dafür?

Die Zugänglichkeit des Wissens

Schaut man sich dieses Optimale Unternehmen genauer an, so fällt auf, dass alle Beteiligten gemeinsam eine Wissensdatenbank in Form eines Wikis eingerichtet haben. Sämtliches Wissen, das aus der Entwicklung des Micro-Wasserkraftwerks gewonnen wurde,  ist in dieser Datenbank für alle Beteiligten uneingeschränkt zugänglich. Die gemeinsame Datenbank erleichtert einerseits die selbstorganisierende Aufgabenverteilung, andererseits ist sie die Grundlage der Transparenz des Projekts.

Jeder der Beteiligten könnte, wenn er es wollte, das Wissen aus der Datenbank mit sich nehmen und aus dem Projket aussteigen. Allerdings würde derjenige, der aussteigt damit allen Beteiligten und auch sich selbst massiv schaden. Zum einen könnte der Aussteiger nicht mehr auf die Hilfe der anderen Projektbeteiligten zählen und zugleich würde er damit nicht die anderen Projektpartner daran hindern, das Projekt weiter zu entwickeln. Der Aussteiger würde alleine dastehen und all die Arbeit, die er in das Projekt gesteckt hat, wäre lediglich gut für sein Archiv, um ein einem Aktenordner Staub anzusammeln.

Auch Konkurrenzfirmen, die an dem Wissen des Aussteigers vielleicht interessiert wären, könnten dieses Wissen lediglich dazu benutzen, um der Entwicklung in dem optimalen Unternehemen hinterherzurennen. Da das optimale Unternehmen in seiner Entwicklung ohnehin viel schneller ist, wäre dieses Wettrennen für die Konkurrenzfirma von vornherein verloren.

Fazit

Die Transparenz des Projekts ist hier die Grundlage dafür, dass Kooperation und Sachorientierung zum Vorteil für alle Beteilgten wird. Information haben zudem eine sehr schöne Eigenschaft, die sie zu etwas ganz besonderem macht. Ein guter Freund von mir pflegt immer zu sagen: „Information ist etwas, das mehr wird, wenn man es teilt.“

Aus meiner praktischen Erfahrung mit diesem Konzept hat sich gezeigt, dass optimale Unternehmen, die ihre Projekte transpatent organisieren, sehr krisenfest sind, selbst wenn es die Krise an den Rand der Existenz geht.

Über die Freiheit

Was ist Freiheit?

Viele Menschen nehem das Wort Freiheit in den Mund und sagen, dass ihnen Freiheit wichtig ist. Andere Sagen, dass die eigene Freiheit nur so weit geht, bis sie die Freiheit des anderen verletzt. Es wird viel über Freiheit philosophiert und der Freiheitsbegriff wird dadurch verwässert. Ich stelle jetzt einfach mal eine Behauptung auf, um zu provozieren:

Die meisten Menschen haben nicht die blasseste Ahnung davon, was Freiheit ist! Warum? Weil niemals jemand wirklich Besitz von ihnen ergriffen hat. Doch wie kann man Besitz von anderen Menschen ergreifen? Das geht ganz einfach durch Gewalt, ganz gleich in welcher Form. Menschen, die in ihrem Leben geschlagen werden, damit sie etwas tun oder lassen, Menschen, die gefangen gehalten wurden, Menschen, die tagtäglich damit mit dem drohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes erpresst werden, Menschen die in irgendeiner Form missbraucht werden, diese Menschen wissen, war Freiheit ist. Diese Menschen wissen das, weil ihnen ihre Freiheit genommen wird und weil dieses Besitzergreifen Spuren in der Seele hinterlaßt. Für mich persönlich gibt es in der Definition von Freiheit nur einen Schluss, der mir logisch erscheint:

Ein Mensch ist dann frei, wenn kein anderer Mensch in irgendeiner Form Besitz von diesem freien Menschen ergreifen kann.

Diese Aussage hat, wenn man sie weiter denkt, Konsequenzen. Jeder Mensch ist von Natur aus frei. Wenn ein Mensch als Kind auf die Welt kommt, dann ist er nicht in Besitz von irgend jemandem. Er macht was es will, er sucht die Nähe zu seiner Mutter, er will alles anschauen, was interessant ist, er schreit wann er will und lacht wann er will.

Wird dieser Mensch älter, dann bleibt er frei, auch wenn die Eltern diesen Menschen erziehen und dazu gewisse Regeln aufstellen. Dieses Erziehen ist nicht mit Besitzergreifen zu verwechseln, denn die Eltern schaffen mit diesen Regeln eine geschützte Umgebung, in der der junge Mensch relativ gefahrlos in die Welt hineinwachsen kann. Jetzt kommt allerdings der andere wichtige Teil: Der Junge Mensch wird und soll mit zunehmendem Alter darauf drängen diese Grenzen zu erweitern und mit dem Erwachsenwerden fallen diese Grenzen zusammen mit deren Sicherheit weg. Dieser Punkt ist sehr wichtig.

Erziehungsmethoden, die darauf abzielen, den Willen eines Kindes zu brechen, also Besitz zu ergreifen, werden hingegen tiefe Verletzungen in der Seele des Kindes hinterlassen, die meist nie wirklich verheilen.

Der Weg in die Unfreiheit

Wenn ein junger Mensch erwachsen wird und auf sich allein gestellt ist, dann fühlt er sich oft unsicher. Aus dieser Unsicherheit kann schnell Angst werden, vor allem dann, wenn Andere diesem Menschen erst aufzählen, was man alles im Leben unbedingt braucht. Wie oft habe ich das schon gehört: „Du musst zusehen, dass du zu Geld kommst“, „Du brauchst viele Versicherungen“, „Du musst Karriere machen“,  ;“Du brauchst ein Auto, ein Haus, eine Familie, Freunde“, „Du darfst nicht krank werden, nicht arm werden …“

Dem jungen, freien Menschen wird also erzählt, was er so alles braucht, um glücklich zu sein. Danach aber wird ihm erzählt, dass er das alles verlieren kann und so wird Angst erzeugt. Danach wird diesem Menschen erzählt, was er alles nicht alleine schaffen kann und wie schwach er ist. Nun hat ehemals freie Mensch noch mehr Angst und fühlt sich schwach.

Genau diese Leute, die dem freien Menschen Angst machen, erzählen ihm nun, dass sie ihn vor den aufgezählten Bedrohungen beschützen können, wenn der freie Mensch gehorcht. Der freie Mensch gibt seine Freiheit auf und erlaubt es, dass ander Besitz von ihm ergreifen. Dieser Vorgang geschieht auf subtile Weise und ist in unserer Gesellschaft vollkommen Salonfähig. Dieser Vorgang wird sogar zum Teil erwartet.

Ihr könnt mal ein kleines Experiment machen: Zahlt mal Eure Gebühren bei der GEZ nicht und lasst Euch den Drohbrief, der dann folgt auf der Zunge zergehen. Die jenigen unter Euch, die mal in finanziellen Schwierigkeiten waren werden die vielen Drohbriefe kennen, die man da sovon den Leuten bekommt, die auf die ausbleibenden Zahlungen warten. Das Schema ist überall das gleiche: Es geht um Kontrolle durch Angst.

Vergleiche hierzu Immanuel Kant Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494
Interessant ist hier auch der Begriff des Panopticons und die Wirkungsweise des Konzepts, dass letztlich auch auf Erzeugung von Angst beruht.

Die geistige Quelle der Freiheit

Die geistige Quelle der Freiheit liegt in der Bereitschaft, die Dinge im Leben nicht wichtiger zu nehmen, als sie sind und in der Bereitschaft, Dinge, von denen man glaubt, sie besitzen zu müssen, auch loslassen zu können. Was macht es schon, wenn man sein Haus, sein Auto, seine Karriere, sein Vermögen oder seinen Arbeitsplatz verliert? Es ist im Grunde genommen vollkommen unwichtig. Das wichtigste ist, dass ein Mensch sich selbst so akzeptiert wie er ist, mit sich selbst zufrieden ist und von anderen Menschen nichts erwartet.

Die Freiheit, die dadurch entsteht, gibt einem Menschen neuen Spielraum dafür, mit Phantasie und Entschlossenheit zum Handeln das Eigene Leben in die Hand zu nehmen und eigene Ideen zu realisieren. Ein Mensch der zudem noch nichts von anderen erwartet und gleichzeitig hilfsbereit ist, wird auch andere Menschen mit guter Laune anstecken. Ein solcher Mensch wird mit großer Sicherheit bestimmt nicht seine Freunde verlieren und er wird auf viel Hilfsbereitschaft und Offenheit stoßen. Ein solcher Mensch ist durch Angst nur schwer zu kontrollieren und er hat die Kraft, sich gegen Gewalt mit viel Phantasie zur Wehr zu setzen.

Die Aufgabe des Staates zum Schutz der Freiheit

Welche Aufgabe hat nun der Staat bezüglich des Schutzes der Freiheit jedes einzelnen? Die Aufgabe des Staates besteht lediglich darin zu verhindern, dass Menschen von anderen Menschen Besitz ergreifen, ganz gleich welche Stellung oder welche Aufgabe diese in der Gesellschaft haben.

Die Ansicht, dass der Staat die Bevölkerung kontrollieren und überwachen müsse, damit die Freiheit des Individuums bewahrt bleibt, erscheint mir daher völlig unsinnig. Vielmehr ist Überwachung und Kontrolle eine Form des Besitzergreifens und ein Staat, der so etwas tut, kann nicht als freiheitlicher Staat bezeichnet werden. Leider neigt Macht dazu, sich im Laufe der Zeit auf einem Punkt zu konzentrieren. Der Grund dafür liegt aber weniger im Machtstreben einzelner Menschen sondern vielmehr darin, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Macht freiwillig in die Hände derer gibt, die vorgeben, für Sicherheit zu sorgen. Die Freiheit in einer Gesellschaft ist so stark, wie das Freiheitsbewußtsein der Bevölkerung.

Warum ist Freiheit für eine Gesellschaft so wichtig?

Ich persönlich bin kein Mesch, der seine Ansichten auf ethische Grundsätze und Dogmen stützt. Ethische Grundsätze kann man so oder so sehen und man kann sie diskutieren, bis man alt und grau ist. Mich persönlich interessiert die Summe aller Konsequenzen, die aus dem folgen, was ich tue. Diese Berücksichtigung der Konsequenzen ist sehr mühsam und erfordert die Fähigkeit zuzuhören und die Dinge zu verstehen. Es geht nicht um Moral, sondern um Naturgesetze, also um Physik und um Verständnis.

Die Freiheit in einer Gesellschaft ist deshalb so wichtig, damit das komplexe System der menschlichen Gesellschaft selbstorganisierend seine Selbstheilungskräfte entwickeln kann. Diese Selbstheilungskräfte sind wiederum wichtig, damit sich die Gesellschaft entwickeln kann, damit sie lernen und sich an kommende Veränderungen anpassen kann. Politiker brauchen in einer freien Gesellschaft keine Angst vor der eigenen Bevölkerung zu haben.

Eine freie Gesellschaft erkennt man daran, dass Politiker ganz entspannt am Wochenmarkt einkaufen gehen können und keiner nimmt von ihnen Notiz. Eine freie Gesellschaft erkennt man daran, dass Polizisten sich mit den Passanten auf der Straße unterhalten und vielleicht sogar wichtige Dinge öffentlich bei einer Tasse Kaffee besprechen können. In Deutschland ist dies nicht der Fall und das sollte uns zu denken geben. Dass sich die „Elite“ unserer Gesellschaft aus Angst vor der Bevölkerung hinter Zäunen einsperrt, das sollte uns zum nachdenken darüber anregen, wie es um unsere eigene Geisteshaltung bezüglich Freiheit steht.

Gerade wir Deutschen stehen aufgrund der Geultaten in unserer Geschichte in einer besonderen Verantwortung, wenn es um den Erhalt unserer Freiheit geht.

Ein kleiner Einstieg in die Kybernetik

In den letzten beiden Artikeln habe ich erläutert, was komplexe Systeme sind und welche Eigenschaften sie haben. In diesem Artikel möchte ich in die Kybernetik einsteigen und erläutern, welche Eigenschaften ein komplexes System aufweisen muss, damit es selbstorganisierend sein kann. Diese Eigenschaften sind in den Systemen in der Natur bereits seit Jahrmillionen in praktischer Anwendung.

In einem ersten Schritt möchte ich aber zuerst einmal den Begriff der Kybernetik erklären:

Die Kybernetik erforscht und beschreibt hierbei die grundlegenden Konzepte zur Steuerung und Regulation von Systemen, unabhängig von ihrer Herkunft.
[Quelle:  Wikipedia]

Die acht goldenen Regeln der Kybernetik

Die Kybernetik hat acht Regeln beschrieben, die für ein selbstorganisierendes komplexes System notwenig sind.

  1. Negative Rückkopplung muss über positive Rückkopplung dominieren.
    Die positive Rückkopplung ist selbstverstärkend und beschleunigt die Vorgänge, die negative Rückkopplung verhindert, dass sich die Selbstverstärkung bis zur Zerstörung aufschaukelt. Ein Mensch in der Steinzeit konnte kein Übergewicht haben, weil er sonst zu fett gewesen wäre, um seine Beute zu Jagen. Das ist ein Beispiel von der Dominanz der negativen Rückkopplung.
  2. Das System muss von quantitativen Wachstum unabhängig sein.
    Ein System, dass seine optimale Größe erreicht hat, muss aufhören können zu wachsen, ohne dass dabei seine Funktion gefährdet ist. Der Menschliche Körper zum Beispiel hört irgendwann auf zu wachsen und funktioniert trotzdem – ein Jahrmillionen altes und bewährtes Konzept. Unser Wirtschaftssystem hingegen muss exponentiell wachsen, um die exponentiell wachsende Zinsansprüche der Summe aller Vermögen erfüllen zu können. Wachstumsstillstand bedeutet hier den Zusammenbruch. (Anmerkung: Dieser Sachverhalt ist als der 2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre lange bekannt und Stand des Wissens)
  3. Das System muss funktionsorientiert und nicht produktorientiert arbeiten.
    Nehmen wir als Beispiel die Funktion der Fortbewegung in unserer Gesellschaft. Die Funkton der Fortbewegung bestand immer wird immer bestehen. Das Produkt, also das Fortbewegungsmittel muss aber immer offen und flexibel bleiben. Es gibt Fälle, da ist die Fortbewegung mit dem Auto oder dem Fahrrad sinnvoll, in einem anderen Fall ist auch das Gehen zu Fuß zu bevorzugen. Sich nur auf das Auto zu fixieren, würde eine Gesellschaft ihrer Funktionsfähigkeit berauben.
  4. Vorhandene Kräfte werden genutzt
    Die Kondoren in den Anden Südamerikas zum Beispiel warten geduldig auf die Aufwinde, die bei Sonnenaufgang einsetzen. Erst, wenn die Aufwinde einsetzen, breiten die Kondoren ihre Flügel aus und lassen sich energiesparend in die Höhe tragen.
  5. Produkte und Funktionen werden mehrfach genutzt
    Unsere Hände zum Beispiel sind ein Vorbild der Mehrfachnutzung einer Funktion, ihre Tätigkeiten sind äußerst vielfältig.
  6. Die Stoffkreisläufe sind geschlossen
    Das Wasser auf unserer Erde ist das gleiche Wasser, dass bereits die Dinosaurier getrunken haben. Die Atome, aus denen wir bestehen, sind die gleichen, aus denen schon die Dinosaurier bestanden haben. Wir Menschen vergessen das und haben unsere Technologie so aufgebaut, dass wir Rohstoffe aus der Erde entnehmen, um sie dann zum Schluss als „Müll“ in Mülldeponien einzugraben, damit wir uns nicht an ihnen vergiften.
  7. Die Verschiedenartigkeit von Systemen wird durch Kopplung und Austausch genutzt.
    Alles, was an Nebenprodukten einer Lebensform anfällt, wird von einer anderen Lebensform genutzt. Die Lebensformen sind dabei so verschiedenartig, dass sie die Nebenprodukte anderer Lebensformen nutzen können. Das führt dazu, dass Stoffe auf kleinstem Raum ohne lange Transportwege, direkt und energiesparend ausgetauscht werden können.
  8. Produkte, Verfahren und Organisation entwickeln sich durch Rückkopplung
    Das Prinzip der Evolution, schafft es, durch Versuch und Irrtum die komplexesten Lebensformen zu entwickeln. (Hier eine kleine Anmerkung meinerseits: Solltet Ihr einmal ein Maschinenteil mit 20 Variablen optimieren müssen, dann programmiert Euch einen Evolutionsalgorithmus. Ihr werdet Euch wundern, wie schnell der durch zufällige gleichzeitige Mutation aller Variablen zu einer optimalen Lösung führt. Man muss das gesehen haben, sonst glaubt man das nicht… )

Jeder kann sich mal überlegen, wie wir Menschen jeden Tag gegen all diese Regeln verstoßen. Da wird schnell offensichtlich, warum die meisten Menschen gegenüber den Problemen unserer Zeit völlig ratlos gegenüberstehen. Man braucht sich nur unsere „Elite“ in Politik und Wirtschaft anschauen – überforderte, traurige Gestalten, die einem nur leid tun können.

Ein schönes Zitat zum Schluss

„Ich will damit deutlich machen, dass wir in unserer komplexen Welt heute kein Problem … mehr angehen sollten, ohne zuvor eine eingehende Folgenabschätzung durchgeführt zu haben. … Wie im voranstehenden Kapitel betont bedeutet das vor allem, das System, in dem das Problem auftritt, zu untersuchen und nicht nur das Problem selbst.“

[Vester, Frederik: Die Kunst vernetzt zu denken. DTV-Verlag. München, 2002. Seite 110]

Wie die Systemanalyse durchgeführt werden kann, das folgt im nächsten Blogbeitrag zu diesem Thema ;)

In diesem kurzen Blog-Beitrag möchte ich zwei kleine Filme vorstellen, die ich mit der Kamera meines Mobiltelefons aufgenommen habe. Die Bildqualität ist dem entsprechend, aber wenn man das Bild verkleinert geht es. Das kleine Modell des Canstein-Rotors, das in den folgenden Filmen zu sehen ist, habe ich aus ein paar Karteikarten und drei Rouladenspießen gebastelt und ich war erstaunt, wie gut der Rotor funktioniert. Das Modell ist in folgendem Bild zu sehen.

canstein-rotor

Im folgenden Film halte ich das Modell des Rotors in der Hand. Die geschätzte Windgeschwindigkeit auf der Höhe meiner Hand beträgt 3 m/s

canstein-rotor-modell1

Die Windstärke hat zugenommen. Das nächste Video zeigt das Modell des Rotors bei einer Windgeschwindigkeit von ca 5 m/s. Ich muss das Modell jetzt mit der Hand bremsen und stabilisieren, damit es sich nicht in Eigenschwingungen aufschaukelt und dadurch beschädigt wird.

canstein-rotor-wind-5ms

Eines der interessantesten Themen, auf die ich bisher gestoßen bin, ist das Thema des Sensitivitätsmodells, wie es von Professor Frederic Vester in seinem Buch „Die Kunst vernetzt zu denken – Der neue Bericht an den Club of Rome“ beschrieben wird. Es ist ein ein Buch, das ich jedem Menschen nur ans Herz legen kann. Warum ist die Fähigkeit, vernetzt zu denken im Umgang mit Komplexen Systeme so wichtig? Ist der Umgang mit komplexen Systemen nur etwas für Wissenschaftler oder betrifft dieses Thema uns alle? Die meisten Menschen nehmen das Wort System oft in den Mund. Was aber ist ein System? Was ist ein Komplexes System? Diese Fragen möchte ich gerne in diesem Artikel erläutern. Ziel dieses Artikels ist es, ein Bewußtsein dafür zu vermitteln, dass komplexe Systeme allgegenwärtig sind und dass sie ein Eigenleben haben – aber eins nach dem Anderen …

Was ist ein System?

„Ein System ist eine Gesamtheit von Elementen, die so aufeinander bezogen sind und in einer Weise wechselwirken, dass sie als eine Aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können und sich in dieser Hinsicht gegenüber der sie umgebenden Umwelt abgrenzen.“ [Quelle: Wikipedia] Also kann ein Auto zum Beispiel als System gesehen werden. Der Motor des Autos ist wiederum ein eigenes Untersystem, dass in das System Auto integriert ist. Der Kühlkreislauf des Automotors ist wiederum ein Untersystem des Automotors.

Auch ein Mensch ist ein System, das aus vielen unterschiedlichen Organen besteht. Der Blutkreislauf ist ein Untersystem des Systems „Mensch“. Ein rotes Blutkörperchen ist ein Untersystem des Systems „Blutkreislauf“. Der Zellkern des roten Blutkörperchens ist ein Untersystem des Systems „rotes Blutkörperchen“ usw.

Diese Denkweise bezeichnet man als Systemdenken. Das Systemdenken ermöglicht es, bei komplexen Vorgängen den Überblick zu behalten. Zwischen dem System „Auto“ und dem System „Mensch“ gibt es aber wesentliche Unterschiede. Einem Auto fehlen viele Eigenschaften, die typisch für komplexe Systeme wie z.B. dem Menschen sind.

Was ist ein komplexes System?

Die Beantwortung dieser Frage liegt mit besonders am Herzen, weil sie ganz wesentliche Grundlagen darüber enthält, womit man es bei einem komplexen System zu tun hat. Die Antwort auf diese Frage soll dem Leser auch ein Gefühl dafür vermitteln, einem Komplexen System mit einem gewissen Respekt gegenüber zu treten. Man hat es bei komplexen Systemen immer mit einem System zu tun, das ein Eigenleben besitzt. Ein solches System lässt sich nicht einfach so unbeschadet ändern, aber dazu komme ich später. Zunächst soll der Begriff des komplexen Systems geklärt werden:

Komplexe Systeme zeigen eine Reihe von Eigenschaften:

  1. Nichtlinearität: Kleine Störungen verursachen gravierende und unterschiedliche Ergebnisse.
  2. Emergenz: Komplexe Systeme bilden spontan Phänomene heraus.
  3. Wechselwirkung: Einflüsse auf ein Systemteil haben globale Auswirkungen bezogen auf das gesamte System.
  4. Offenes System: Komplexe Systeme sind abhängig vom Durchfluss von Energie und Materie
  5. Selbstorganisation: Komplexe Systeme können „lernen“
  6. Selbstregulation: Komplexe Systeme haben die Fähigkeit zur Selbstregulation und zur Selbstheilung.
  7. Komplexe Systeme sind abhängig von ihrer Vorgeschichte
  8. Attraktoren: Komplexe Systeme streben gewisse stabile Zustände an, die aber chaotisch variieren können.

Die menschliche Gesellschaft zum Beispiel ist ein komplexes System mit einem Eigenleben. Eine Gesellschaft hat das Bestreben, gewisse stabile Zustände anzustreben. Zum Beispiel kann ein stabiler Zustand darin bestehen, dass eine Gesellschaft eine demokratische Regierungsform ausbildet, die dann eine Zeit lang stabil bleibt. Durch äußere Einflüsse oder durch innere Vorgänge können in einer menschlichen Gesellschaft Umbrüche in Gang gesetzt werden, die dazu führen, dass zum Beispiel ein Diktator die macht ergreift und die Bevölkerung tyrannisiert. Dieser Zustand kann dann wieder über Jahrzehnte hinweg stabil bleiben. Die Gesellschaft wird immer versuchen, stabile Zustände anzustreben, um weiter zu funktionieren und zu überleben.

Angenommen, wir denken uns ein erfundenes Land, das von einer Parteidiktatur tyrannisiert wird. Wir sehen die Zustände in diesem Land und wollen den Menschen in diesem erfundenen Land helfen. Die Menschen sollen so leben können, so wie wir uns ein glückliches erfülltes leben vorstellen. Wir behalten im Hinterkopf, dass dieses erfundene Land ein komplexes System ist – das ist sehr wichtig. Wie können wir den Menschen in diesem Land helfen? Angenommen, wir greifen in dieses Land militärisch ein, stürzen die dortige Regierung und stören die gewachsenen Strukturen der dortigen Gesellschaft sprunghaft. Die Folge ist, dass durch die Zerschlagung der gesellschaftlichen Strukturen auch die Selbstheilungskräfte der Gesellschaft stark geschwächt sind, und das Land wird für lange Zeit in noch größeres Elend stürzen. Die Menschen in dem erfundenen Land haben über Jahrzehnte gelernt, das beste aus der Tyrannei zu machen und müssen nun nach der Zerstörung ihrer Systemstrukturen ihre Kraft dazu aufwenden, neue Strukturen aufzubauen und gleichzeitig zu überleben. Die Folge ist meist, dass ein neuer Tyrann die Macht in dem Land ergreift und noch mehr Elend erzeugt wird.

Was wäre, wenn wir das erfundene Land einfach in Ruhe lassen und den Menschen dort nicht „helfen“? Was wäre, wenn wir auf die Selbstheilungskräfte von komplexen Systemen vertrauen, sprich wenn wir den Menschen dort zutrauen, dass sie eigene Lösungen entwickeln können? Was wäre, wenn wir den Menschen in diesem erfundenen Land einfach ein guter Nachbar sind und die Idee einer freien Gesellschaft selbst praktizieren, anstatt sie anderen aufzuzwingen? Die Menschen in dem erfundenen Land würden sehen, wie wir leben und sie würden die Dinge von uns übernehmen, mit denen sie etwas anfangen können. Sie hätten vor allem Zeit, sich an die fremden Ideen zu gewöhnen und diese Dinge auf ihre Bedürfnisse anzupassen. Veränderungen würden sich so ohne eine Zerstörung der Systemstruktur vollziehen, wenn die Zeit reif dafür ist.

Sechs Fehler im Umgang mit komplexen Systemen

Wir Menschen neigen dazu, linear zu denken. Wir sehen eine Ursache und die wesentlichste Wirkung dieser Ursache. Wir stoßen zum Beispiel ein Glas Milch um und sehen, wie die Milch über den Tisch auf den Boden läuft. Das können wir begreifen. Wir begreifen auch, dass wir die Milch wieder aufwischen müssen, weil die Milch auf dem Boden nach einigen Tagen beginnt zu stinken. Das ist dann ekelig und wir begreifen diese Wirkungskette relativ gut, weil wir solche Situationen gewohnt sind.

Ein Glas umgeschütteter Milch hat aber weitreichende Konsequenzen, die sich auf das ganze weitere Leben auswirken können. Ein Beispiel: Wenn ich das Glas Milch umschütte, dann ärgere ich mich. Warum ich mich ärgere? Wahrscheinlich, weil sich meine Eltern schon geärgert haben, wenn sie eine Tasse Kaffee umschütteten? Die Ursachen sind vielfältig und liegen im Dunkeln. Auf jeden Fall ärgere ich mich und verliere wertvolle Zeit beim aufwischen. Warum ist die zeit so wertvoll, dass mich der Verlust der Zeit ärgert. Nun ja, wir leben in einer Gesellschaft,  in der man einen Großteil des Tages mit Erwerbsarbeit verbringen muss, um zu überleben. Auch hier sind die Ursachen komplex. Nun gut, ich ärgere mich wegen der Milch und fahre dann schlecht gelaunt und unvorsichtig zu einem Geschäftstermin. Ich fahre zu schnell und nehme einem Autofahrer die Vorfahrt. Der Autofahrer erschrickt und bremst scharf. Der Unfall wird verhindert aber der Autofahrer ist für den Rest des Tages schlecht gelaunt. Die Geschichte des Autofahrers verändert sich an diesem Tag durch den Schreck, aber das ist eine andere Geschichte. So hinterlässt das verschüttete Glas Milch seine Spur komplexen System der menschlichen Gesellschaft.

Diese kleine Geschichte war ein Beispiel des vernetzten Denkens im Gegensatz zum linearen Denken. Aus der Vernachlässigung des vernetzten Denkens folgen wesentliche Fehler im Umgang mit komplexen Systemen.

  1. Falsche Zielbeschreibung: Probleme werden durch Bekämpfung der Symptome nur scheinbar beseitigt.
  2. Unvernetzte Situationsanalyse: Es werden nur ausgewählte aspekte eines komplexen Systems isoliert betrachtet
  3. Irreversible Schwerpunktbildung: Die wesentlichen Mechanismen werden nicht erkannt. Es wird an Symptomen manipuliert, deren Auswirkungen aber nur unwesentlich sind.
  4. Unbeachtete Nebenwirkungen: Die Nebenwirkungen von Maßnahmen werden nicht beachtet.
  5. Tendenz zur Übersteuerung: Das komplexe System reagiert mit Verzögerung auf Steuerungsversuche. Darum wird der Steuerungsversuch übertrieben.
  6. Tendenz zu Autoritärem Verhalten: Das komplexe System wird willkürlich umstrukturiert, ohne Rücksicht auf Regelkreise, die unterstützend wirken könnten. Es wird außerdem von außen entschieden, was gut oder schlecht zu sein hat.

Wie ist also mir komplexen Systemen umzugehen, nachdem wir uns ihre grundlegenden Eigenschaften bewußt gemacht haben? Das soll in der Fortsetzung dieses Artikels mit dem einstieg in die Kybernetik erläutert werden.

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